Obernburg, 6. Mai 2004
"Die neuen Länder werden uns Beine machen!"
FDP-Spitzenkandidat Wolf Klinz sprach in Obernburg
"Wir sollten froh sein, dass wir neue Mitglieder mit attraktiven Steuersätzen bekommen haben", lautete sein optimistisches Eingangsstatement. Der Großraum Frankfurt mit seinen knapp 5 Millionen Einwohnern, wie er z.B. auch durch das neue Ballungsraumgesetz definiert werde, habe europaweit noch immer die dritte Position als Wirtschaftsstandort nach Paris und London. Viele Faktoren seien positiv: er sei optimal gelegen, habe eine attraktive Infrastruktur und besitze Bildungseinrichtungen, die man in dieser Dichte und Qualität in ganz Europa nicht finden könne. Das Problem sei allerdings, dass häufig ein "innerkommunaler Wettbewerb", z.B. in der Wirtschaftsförderung, an die Stelle funktionierender Absprachen und des Bewusstseins der Einheit getreten sei. Es sei wichtig, die Region zu vermarkten und zur Identifikation der Bürger mit ihrer Region beizutragen.
Probleme im Ballungsraum Frankfurt sprach Klinz durchaus an, vor allem den wachsenden Geldmangel der öffentlichen Hand, die langsame Verwaltung ohne klare Zuständigkeiten, dennoch schloss er ganz optimistisch: "Ich bin für unseren Raum dennoch zuversichtlich, wenn wir bereit sind, uns den neuen Herausforderungen zu stellen, wenn die Bewahrer nicht über die Veränderer triumphieren." Die Erweiterung der EU um zehn neue Länder sieht er dabei ganz positiv: "Die neuen Ländern werden uns mit ihren niedrigen Steuersätzen schon Beine machen!"
Im Gespräch wurden weitere Fragen des zusammenwachsenden Europa diskutiert, wobei Klinz keine Antwort schuldig blieb. "Neue Technologien" müssten in Europa gefördert werden, der Satz von knapp 50 Prozent des Haushalts für die Landwirtschaftssubventionen müsste mittelfristig auf etwa 20 Prozent gesenkt werden. So manche Aufgabe - beispielsweise die Landschaftspflege – sollte renationalisiert werden. Einige Teilnehmer, vor allem auch der Kreisvorsitzende Steffen Scholz, klagten darüber, dass die Grenze zwischen Hessen und Bayern wirtschaftlich noch immer eine hemmende Barriere darstelle und unser Landkreis von München stiefmütterlich behandelt werde. Viel besser wäre - so Scholz - die Anbindung an den Raum Frankfurt. Andere Teilnehmer wiesen jedoch darauf hin, dass es auch bei uns durchaus gute und wirksame Zusammenarbeit beispielsweise mit Nachbarlandkreisen in Hessen und Baden-Württemberg gebe.
Ganz wichtig für Klinz: Die Parteien müssten viel deutlicher machen, wie wichtig Entscheidungen in Brüssel und Straßburg für jeden Bürger seien. Dadurch würde auch die Wahlbeteiligung steigen und sich die Legitimation der Gewählten verbessern. Den Entwurf für die EU-Verfassung bezeichnete er als "akzeptablen Kompromiss", lobte vor allem dass die Kommission verkleinert werden soll, ein europäischer Außenminister vorgesehen ist und die Rechte des Parlaments weiter gestärkt werden. Ziel sei, so Klinz, ein "Europa der Bürger, das wirtschaftlich aus eigener Kraft wächst und politisch mit einer Stimme spricht". Die Vielfalt solle dadurch nicht verloren gehen, Subsidiarität sei schließlich auch ein wichtiger Aspekt der neuen Verfassung. Eine Horrorvision wäre, so der Referent, ein europäischer "Einheitsbrei". Zentral müsse nur das Notwendige geregelt werden, ansonsten seien die Regionen zu stärken: "Warum muss Brüssel festlegen, wer wo wann jagen muss?"
"Ich sehe der Wahl durchaus mit Optimismus entgegen", versicherte Klinz, als er nach den Chancen der FDP gefragt wurde, wieder ins Europäische Parlament einzuziehen. Er selbst würde dann - als Spitzenkandidat der hessischen Liberalen ausgezeichnet platziert - ganz sicher einen Platz in dem dann größeren Gremium einnehmen. Ein Sitz im Haushaltsausschuss würde den Fachmann in Wirtschafts- und Währungsfragen ganz besonders reizen.